⚡ Think about (Didactical) Design
#DesignThinking #DidacticalDesign #Kompetenzen
Cornelia Amon
Für die Zukunft (nicht nur) der Lehre und des Lernens wird es unabdinglich Kreativität, Kollaboration, Kommunikation und kritisches Denken zu fördern – eine Herangehensweise dafür ist Design Thinking. Der damit verbundene Prozess, kann als didaktisches Rückgrat dienen, um für die Zukunft relevante Kompetenzen zu vermitteln.
Im „Global Framework on core skills for life and work in the 21st Century” werden als wichtige Kompetenzen für das 21. Jahrhundert kritisches Denken, Kommunikation, Zusammenarbeit sowie Kreativität genannt (International Labour Organisation, 2021). Seit der Erstellung des Frameworks hat es sowohl im Arbeits- und Studienleben als auch einfach im Alltag intensive Veränderungen von Prozessen und Gewohnheiten gegeben: durch die Öffnung des ChatBots ChatGPT haben die verschiedensten Anwendungen der künstlichen Intelligenz ihren Weg in nahezu jeden Lebensbereich gefunden. Auch bei den Themen Lehre und Prüfung kommt es zu neuen Herausforderungen. KI kann einerseits eine massive Erleichterung in vielen Bereichen darstellen, andererseits Bedarf es genau der oben genannten Kompetenzen, um auch die Grenzen der Anwendungen zu kennen.
Ein Ansatz, um diese Kompetenzen zu vermitteln, ist Design Thinking.
Design Thinking beschreibt einen transformativen Ansatz der ergebnisoffenen Problemlösung. Ein iterativer Prozess strukturiert dabei die Arbeit in verschiedene Phasen und gibt gleichzeitig klare Zielvorstellungen darüber, was in den einzelnen Schritten erreicht werden soll. Der Design Thinking Prozess bildet demnach das didaktische Rückgrat und weitet den Studierenden zunächst den Blick auf die Problemstellung. Der Aufbau von Empathie und die Betrachtung der Problemstellung aus der Perspektive von Betroffenen, brechen die eigenen Denkbarrieren auf und öffnen den Raum für innovative Lösungen. Das Konzept kann in dieser Phase auch dem Grundgedanken von Service Learning entsprechen, in dem soziale Kompetenzen gefördert und gestärkt werden (Pferzinger, Manfred et al, 2022). Der gesamte Ansatz unterstützt zudem die Erfordernisse des Europäischen Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (EQR) auf Level 7 (Europäische Kommission, 2018).
Kreativität, Kommunikation, Kollaboration und kritisches Denken sind wichtige Werkzeuge, um einerseits KI zu nutzen und andererseits um gefälschte Bilder, Videos und künstlich generierte Texte zu entlarven. Im Rahmen eines Studiums wird es daher in Zukunft eine Kernaufgabe solche Kompetenzen zu fördern und zu festigen (Schlemmer, Daniela et al, 2023).
Die Methode kann curricular verankert oder auch in einzelnen Lehrveranstaltungen verwendet werden. Im Studiengang Management von Gesundheitsunternehmen am IMC Krems hat sich die curriculare Verankerung bereits etabliert (Pferzinger, Manfred, 2022, S.193ff). Für die Studierenden wird die Herangehensweise zu Beginn des dritten Semesters offensichtlich: Zu diesem Zeitpunkt stellen sie sich einer Design Thinking Challenge. Dabei lernen sie die Grundlagen von Human Centered Innovation und Design Thinking kennen und wenden diese auf ein gesellschaftlich relevantes Thema aus dem Gesundheitsbereich an.
Die Design Challenges sind komplexe Herausforderungen aus der Praxis, die von Unternehmen und Institutionen aus dem Gesundheitswesen bereitgestellt werden. Die Studierenden werden in heterogene und interdisziplinäre Gruppen eingeteilt, um eine möglichst breite Perspektive zu gewährleisten und ihre unterschiedlichen Kompetenzen einzubringen. Gemeinsam erleben sie in einem dreitägigen Workshop den iterativen Prozess des Design Thinking und sammeln erste Erfahrungen anhand einer Fragestellung einer NGO. Dabei arbeiten sie direkt mit Mitarbeiter*innen der verschiedenen Unternehmen zusammen.
Nach der ersten Phase arbeiten die Studierenden weitere Wochen an kund*innenorientierten Lösungen für ihre Herausforderungen. Bei der Erarbeitung der Lösungen werden die Studierenden von Design Thinking Coaches begleitet. Die Projektsponsoren werden durch Mitarbeiter*innen vertreten, die die Studierenden im Workshop kennengelernt haben.
Bereits vorhandene Forschungsergebnisse (Lin, Shadiev & Hwang, Shen, 2020; Revano, Garcia, 2020) stützen die These, dass Studierende, die mit Hilfe der Design Thinking Methode lernen und arbeiten davon profitieren und der Erwerb von, für die Zukunft notwendigen, Kompetenzen unterstützt wird. Diese Ergebnisse werden durch die Erfahrungen am IMC Krems gestützt.
Abgesehen von den bereits genannten Argumenten und den Ergebnissen in der Wissenschaft kann der Einsatz von Design Thinking noch einen sehr wertvollen Aspekt bieten: Motivation bei allen Stakeholdern.
In der curricular verankerten Design Thinking Challenge im Studiengang Management von Gesundheitsunternehmen am IMC Krems wird dieser Aspekt deutlich: Durch den Einsatz der interaktiven Methode des Design Thinking wird bei allen Teilnehmenden eine hohe Motivation geweckt. Studierende werden angespornt sich mit komplexen Problemen auseinanderzusetzen und innovative Lösungen zu entwickeln die auch gehört und im besten Fall implementiert werden. Lehrende sehen wie die Vorarbeit, die sie geleistet haben, in der praktischen Arbeit aussieht und Vertreter*innen von Unternehmen bekommen einen frischen Blick von außen und innovative Lösungen bzw. Lösungsansätze.
Für eine curriculare Verankerung sprechen neben der Förderung von kritischem Denken, Kommunikation, Kollaboration und Kreativität auch der menschzentrierte Ansatz.
Die Implementierung in einen Lehrplan birgt allerdings auch einige Herausforderungen: Einerseits ist Design Thinking ein agiler Ansatz, der schematisch in einen mehrere Schritte oder Phasen umfassenden und iterativen Prozess übersetzt wird. Solche Prozesse sind hinsichtlich der dafür erforderlichen Ressourcen schwieriger zu planen als herkömmliche Lehrveranstaltungsformate. Andererseits sind auch die erforderlichen Fachkenntnisse in verschiedenen Bereichen, wie z. B. Nutzerforschung, Kreativitätstechniken und Prototyping, gefragt. Lehrende müssen bereit sein sich in den Bereichen fortzubilden oder vorhandene Unterstützung nutzen zu können.
Um eine Umsetzung zu vereinfachen, arbeiten wir derzeit an einem Skript das als Open Educational Ressource zur Verfügung stehen wird. Bei Interesse melden Sie sich gerne unter folgender E-Mail-Adresse: medialab@fh-krems.ac.at
European Commission, Directorate-General for Education, Youth, Sport and Culture, McGrath, C., Frohlich Hougaard, K., O’Shea, M. (2020). Supporting key competence development: learning approaches and environments in school education: input paper, Publications Office. Available at: https://data.europa.eu/doi/10.2766/8227 (Last access: 06.10.2023)
Europäische Kommission (2018). Der europäische Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen. Available at: https://europa.eu/europass/system/files/2020-05/EQF-Archives-DE.pdf (Last access: 06.10.2023)
International Labour Organization (ILO). (2021) Global Framework on core skills for life and work in the 21st Century. Available at: https://www.ilo.org/skills/pubs/WCMS_813222/lang--en/index.htm (Last access: 06.10.2023) Lin, Lin & Shadiev, Rustam & Hwang, Wu-Yuin & Shen, Shusheng. (2020). From Knowledge and Skills to Digital works: An Application of Design Thinking in the Information Technology Course. Thinking Skills and Creativity. 36.
Pferzinger, M., Mesicek, R.H., Bachner, C. (2022). Das Beste aus zwei Welten: Die Kombination von Design Thinking und Service Learning. In: Schmidberger, I., Wippermann, S., Stricker, T., Müller, U. (eds) Design Thinking im Bildungsmanagement. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-36951-4_15
Pferzinger, M., Waiguny, M. (2022). Curriculare Implementierung von Design Thinking. In: Schmidberger, I., Wippermann, S., Stricker, T., Müller, U. (eds) Design Thinking im Bildungsmanagement. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-36951-4_12
Revano, Teodoro F. Jr. & Garcia, Manuel B.. (2020). Manufacturing Design Thinkers in Higher Education Institutions: The Use of Design Thinking Curriculum in the Education Landscape. 2020 IEEE 12th International Conference on Humanoid, Nanotechnology, Information Technology, Communication and Control, Environment, and Management (HNICEM)
Schlemmer, Daniela/Schmidt, Claudia/Bauer, Katrin/Canz, Michael/Sänger, Volker/Sedlmeier, Teresa (2023): KI-Kompetenz fördern – Pädagogisches Making in der Hochschullehre. In: Ludwigsburger Beiträge zur Medienpädagogik –LBzM, 23/2023. S. 1–14. https://doi.org/10.21240/lbzm/23/11.
McLaughlin JE, Chen E, Lake D, Guo W, Skywark ER, Chernik A, et al. (2022) Design thinking teaching and learning in higher education: Experiences across four universities. PLoS ONE17(3): e0265902. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0265902
Mag.a Cornelia Amon
IMC Krems
Teaching & Media Services, Instructional Designerin seit März 2022, ausgebildete Medienpädagogin mit ausgeprägter technischer Affinität
cornelia.amon@fh-krems.ac.at
Prof.(FH) Mag.(FH) Dr. Manfred Pferzinger
IMC Krems
Stv. Akademischer Leiter, Institutsleiter Gesundheitsmanagement, Studiengangsleitung Management von Gesundheitsunternehmen, Design Thinking Coach (HPI)
manfred.pferzinger@fh-krems.ac.at
Christina Anderer:
Ich frage mich, inwiefern die menschzentrierte Herangehensweise von Design Thinking auch in der Diskussion rund um Studierendenzentrierung (siehe auch den Beitrag von Isabell Grundschober: “Die Vorlesung beginnt gleich!“ - Studierendenzentrierung im Zukunftscheck) relevant sein kann...
Cornelia Amon:
Spannende Anmerkung danke! Isabell Grundschober hat da ja schon vorgelegt und ich bin ebenso der Meinung das es eine sehr gute Möglichkeit sein kann. Es müssen allerdings viele Gegebenheiten beachtet werden wie ja auch eigentlich bei allen didaktischen Interventionen. Wir werden uns das auf jeden Fall noch genauer ansehen und denken auch über ein passendes Forschungsdesign nach.
Falls Interesse am verwendeten Skript besteht schreiben Sie mir gerne eine Mail cornelia.amon@fh-krems.ac.at - es ist zwar noch nicht so weit aber ich kann mich dann melden sobald es fertig offen lizenziert ist.
Liebe Grüße aus Krems :)
Isabell Grundschober:
Super spannende Frage, liebe Frau Anderer! Das kommt nun ein wenig darauf an, wie weitreichend die "curriculare Verankerung" ist. Es gibt verschiedene Merkmale für Studierendenzentrierung. Je nach dem, in wie weit die curriculare Verankerung geht, werde mehr oder weniger Merkmale der Studierendenzentrierung gezeigt. Wenn etwa Design Thinking als Methode in einem Kurs genutzt wird, um kund:innenorientierte Lösungen zu entwickeln, so kann es sein, dass weniger dieser Merkmale (aber durchaus einige Merkmale) dabei zum Tragen kommen. Wenn der Curriculumsentwicklungsprozess bzw. LV-Design-Prozess per se als partizipativer Design-Thinking-Prozess verstanden wird, dann werden noch mehr Merkmale der Studierendenzentrierung gezeigt. Mehr dazu gibt es dann in einem Beitrag :)