💬 Partizipative Studiengangsentwicklung
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Lars Hintenberger
Die Entwicklung von zukunftsfähigen Studienprogrammen ist entscheidend für die spätere Beschäftigungsfähigkeit der Absolvent*innen. Die Herausforderung besteht darin, ein maßgeschneidertes Programm zu gestalten, dass den Anforderungen von rechtlichen, organisatorischen, professionellen und wissenschaftlichen Einflussfaktoren gerecht wird. Diese erfordert die Identifikation der relevanten Stakeholder sowie die Schaffung eines partizipativen Entwicklungsprozesses.
Die Entwicklung von Studienprogrammen stellt einen wesentlichen Faktor für die spätere Beschäftigungsfähigkeit der Absolvent*innen dar und muss daher schon in einer sehr frühen Phase die Weichen für die Zukunft stellen. Die Herausforderung dabei ist es, manchmal ohne jegliche Erfahrungen über Funktionalität und Erfolgsaussichten des Programms, ein Studienprogramm maßzuschneidern, welches zukunftsfähig ist und den Anforderungen der unterschiedlichen Einflussfaktoren gerecht wird. Zu den Einflussfaktoren zählen beispielsweise die rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen, die Anforderungen der Profession und wissenschaftlichen Disziplin. Gerade in unserer schnelllebigen Gesellschaft stellt die Erkennung und Berücksichtigung der oben genannten und noch vieler weiterer Einflussfaktoren eine große Challenge dar. Dieser Umstand wird umso deutlicher, wenn wir nur an die technischen Entwicklungen der letzten Jahre und Jahrzehnte denken. So hat beispielsweise das Thema Künstliche Intelligenz (KI) vor einigen Jahren noch eine untergeordnet oder teilweise gar keine Rolle in der Entwicklung von Studienprogrammen gespielt und heute ist es ein wichtiger Faktor für die Zukunftsfähigkeit eines Studiums. Daher kann bereits hier festgehalten werden das die Entwicklung eines neuen oder die Überarbeitung eines bestehenden Studienprogramms ein gewisses Maß an Unsicherheit mit sich bringt und einen Weitblick der Hochschule bzw. Entwickler*innen erfordert.
Die beiden leitenden Fragstellung für die weiteren Gedanken orientieren sich an der prozessorientierten Studiengangsentwicklung nach Florian Härer & Georg Herzwurm (2022) und sind:
- Wie kann dieser Weitblick für eine zukunftsfähiges Curriculum sichergestellt und die entsprechenden Stakeholder*innen identifiziert werden?
- Wie kann eine partizipative Entwicklung gestaltet werden?
1. Sicherstellung des Weitblicks
Dieser notwendige Weitblick wird bereits durch die Legislative mitbedacht, so geben die gesetzlichen Bestimmungen der österreichischen Hochschulen (z.B. Fachhochschulgesetz) eine Mindestzahl an Mitgliedern für ein Entwicklungsteam sowie deren Kompetenzen vor. Im Falle der Fachhochschulen in Österreich muss das Entwicklungsteam für einen Fachhochschule-Studiengang mindestens vier Personen umfassen. Wobei zwei Personen wissenschaftliche Kompetenzen (durch Habilitation oder gleichwertige Qualifikation) und zwei Personen professionsbezogene Kompetenzen (Nachweis einer Tätigkeit in einem relevanten Berufsfeld) aufweisen (§8 Absatz 4 FHG). Die Herausforderung für die Hochschule bzw. die mit der Entwicklung des Studienprogramms betraute Person (Leitung des Entwicklungsteams) besteht nun darin, anhand des Qualifikationsprofils sowie der zukünftigen Berufsfelder des Studiengangs, weitere relevante Personen für den Entwicklungsprozess zu identifizieren. Spätestens hier sind auch Querschnittsthemen (z.B. Sustainability) zu beachten. Das Ende dieses Prozesses, der Identifikation aller relevanten Stakeholder, stellt die Zusammensetzung des jeweiligen Entwicklungsteams dar (Lars Hintenberger, 2023).
2. Partizipative Entwicklungsarbeit
Solbad das Entwicklungsteam festgelegt wurde und somit die Stakeholder für die zukunftsfähige Entwicklungsarbeit feststehen, muss auch über die Form der Einbeziehung nachgedacht werden. Die Ausgestaltung der Zusammenarbeit kann sehr unterschiedlich sein und hängt vor allem von den organisatorischen, professionsbezogenen und ressourcentechnischen Anforderungen und Möglichkeiten ab. Manchmal kann es sinnvoll sein, dass alle Mitglieder eines Entwicklungsteams zu einem gemeinsamen Termin eingeladen werden und im nächsten Schritt vielleicht in kleinen Gruppen an unterschiedlichen Aufgabenstellungen arbeiten. Daher ist es unerlässlich, dass ein Set an unterschiedlichen Methoden der Einbindung zur Verfügung stehen. Wichtig ist hierbei, dass alle Mitglieder des Entwicklungsteams über die einzelnen Schritte des Entwicklungsprozesses informiert sind und somit einen Überblick über ihre Einbindung haben (Tobias Jennert, 2021).
Somit kann festgehalten werden, dass die partizipative Studiengangsentwicklung eine herausfordernde Aufgabe für alle Beteiligten darstellt, jedoch für die Zukunftsfähigkeit der Curricula unumgänglich ist. Eine systematische Herangehensweise bei der Zusammenstellung des Entwicklungsteams und der Ausgestaltung des Entwicklungsprozesses erleichtert diese.
- Härer, F., & Georg, H. (2022). Literaturanalyse zur Identifikation und Kategorisierung von Ansätzen der Studiengangsentwicklung. Zeitschrift für Hochschulentwicklung, 17(2), 61–80. https://doi.org/10.3217/zfhe-17-02/04
- Hintenberger, L. (2023). Studienprogrammentwicklung in einer schnelllebigen Welt. In: Weißenböck, J. (2023). Lernen über den Tellerrand hinaus. Good Pracitces zu Interdisziplinarität, Internationalisierung und Future Skills (1. Auflage. S. 31-38). Lemberg Publishing
- Jennert, T. (2021). Gestaltung von Studienangeboten. Konzepte, Modelle, Perspek-tiven. In R. Kordts-Freudinger, N. Schaper, A. Scholkmann & B. Szczyrba (Hrsg.), Handbuch Hochschuldidaktik (S. 349-362). Stuttgart: UTB.
Lars Hintenberger, MA
Fachhochschule St. Pölten, Service- und Kompetenzzentrum Hochschulentwicklung und Qualitätsmanagement.
Experte für Programmentwicklung mit dem Schwerpunkt Life Long Learning, Diplomierter Erwachsenenbildner (wba)
lars.hintenberger@fhstp.ac.at
www.fhstp.ac.at