Tag für Lehrende 2024 der FHStP

07.02.2024

🛠️ Neue Rollen und Kompetenzen für Hochschullehrende im Bereich des digitalen Lernens

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Roland Böttcher, Jonas Schug

Im Kontext der digitalen Transformation wandeln sich die Rollen von Hochschullehrenden: weg von reinen Wissensvermittelnden hin zu Gestaltenden von Lernerfahrungen. Dieser Wandel erfordert eine Erweiterung des Kompetenzrahmens, um den vielfältigen Anforderungen der Entwicklung und Steuerung digitaler Lehrkonzepten gerecht zu werden. Der Beitrag entwickelt eine Typologie digitaler Lernformate und leitet daraus Kompetenzfelder der digitalen Hochschuldidaktik ab.

Brauchen Hochschullehrende neue Kompetenzen und ein neues Selbstverständnis?

Bisher bilden Hochschullehrende mit ihrer Persönlichkeit und fachlichen Kompetenz den Mittelpunkt der (meist analogen) Hochschullehre (Dittler & Kreidl 2018). Wir argumentieren jedoch, dass Hochschullehrende - in bestimmten Kontexten - zukünftig weniger als Vermittelnde, sondern vielmehr als Gestaltende von Lernerfahrungen agieren müssen. In diesem Sinne muss ihr Kompetenzrahmen erweitert werden (Eichhorn et al 2027).

Verkompliziert wird diese Diskussion dadurch, dass die digitale Transformation der Bildung zu einer Fülle von anlogen, digitalen und hybriden Lehrkonzepten geführt hat, die heterogene Merkmale und Anforderungen aufweisen (Jäger 2020). Um Leitlinien für die mittelfristige digitale Qualifizierung von Hochschullehrenden entwickeln zu können, wird in einem ersten Schritt eine Typologie digitaler Lernformate entwickelt, aus der – in einem zweiten Schritt - neue Qualitätsanforderungen und Kompetenzrahmen für eine der dargestellten Dimensionen abgeleitet werden.

Der Beitrag soll dazu beitragen einen Ausgangspunkt für die Entwicklung von Qualifizierungsmaßnahmen zu schaffen, um ein verbessertes Kompetenzniveau zu erreichen (Scharschmidt et al 2021).

Wer braucht neue Kompetenzen wozu? – Eine Typologie der digitalen Lehre

Digitale Lehrformate und -technologien lassen sich in die drei Kategorien E-Teaching, E-Learning und E-Assessment unterteilen (in grober Anlehnung an Handke/Schäfer 2012). Diese stehen jedoch nicht isoliert in Silos, sondern sollten synergetisch zusammenwirken (Bichsel 2013).

Der Einsatz digitaler Hilfsmittel in der Präsenzlehre sowie die gleichzeitige Lehre mit Teilnehmenden, die sich an unterschiedlichen Orten befinden können, kann unter E-Teaching zusammengefasst werden. Dies umfasst beispielsweise Online-Vorlesungen, Visualisierungs- und Audience-Response Tools oder die digitale Bereitstellung von Vorlesungsmaterialien.

Im Falle des E-Learnings können digitale Lerneinheiten von den Teilnehmenden individuell und selbstständig absolviert werden. E-Learning adressiert (im Gegensatz zum E-Teaching) das Individuum und nicht das Kollektiv. Im Mittelpunkt stehen digitale Lerneinheiten, die den Teilnehmenden individuell über das Internet zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus erlaubt dies die Konstruktion adaptiver Lernpfade, um alternative Lernwege zu eröffnen. Im Gegensatz zur Präsenzlehre müssen die Lehrpersonen nicht notwendigerweise mit ihrer Person und ihren persönlichen Fähigkeiten im Mittelpunkt des Lernprozesses stehen.

E-Assessment umfasst digitale Prüfungen und digitale Methoden der Lernerfolgskontrolle.

Wir argumentieren, dass neue Kompetenzen insbesondere im Bereich des E-Learnings notwendig sind - wobei die drei Ebenen – wie oben dargestellt – nicht durchgehend trennscharf sind (Pauschenwein & Lyon 2018).

Qualitätskriterien des E-Learnings

Folgende Qualitätskriterien des E-Learnings lassen sich identifizieren:

Dimension 1: Didaktische Konzeption und Gestaltung digitaler Curricula

Das Alignment von Curriculum, Lernzielen und Lernmaterialien bedarf im Kontext des E-Learnings einer neuen Betrachtung (Hochschulforum Digitalisierung 2016).

Dimension 2: Interaktion, Motivation, Mediengestaltung und Transparenz

E-Learning sollte asynchrone Interaktions- und Kommunikationsräume (sowohl zwischen Studierenden als auch zwischen Studierenden und Lehrenden) eröffnen (Aziz 2028). Die Lernenden sollen zwischen verschiedenen Methoden der Wissensvermittlung wählen können. Motivationsfördernde Maßnahmen (z.B. Gamification) werden berücksichtigt. Darüber hinaus sollten Lernmaterialien für verschiedene Lerntypen bereitgestellt werden. E-Learning ist durch die oft schematische Wiederholung digitaler Materialien anfällig für Monotonie - ein produktiver Medienmix kann dem Entgegenwirken (Dichanz & Ernst 2001). E-Learning macht den Lernfortschritt für Lernende dabei transparent.

Dimension 3: Selbstbestimmung, Erwartungssteuerung und Adaptivität

Es sollte den Lernenden ermöglicht werden, ihre Erwartungen auf eine solide Grundlage zu stellen und ihren Lernprozess entsprechend zu strukturieren und zu steuern. Verschiedene Adaptionsebenen und Lernpfade sind ein Qualitätsmerkmal (BCG 2019). Ziel ist, die Lernprozesse auf den individuellen Rhythmus, den Wissensstand und die Präferenzen der Lernenden abzustimmen. Zudem kann Adaptivität zur Reduzierung der Kluft zwischen leistungsschwächeren und leistungsstärkeren Lernenden beitragen.

Dimension 4: Selbstbestimmung und Lernstandskontrolle

Studierende können – in gewissen Rahmen - selbst bestimmen, wann Sie welche Lernelemente absolvieren (Borukhovich-Weis 2021). Digitale Lehre ermöglicht flexible Lernstandskontrollen, die an den individuellen Lernprozess angepasst sind und im weiteren Lernprozess aufgegriffen werden.

Welche Kompetenzen brauchen Lehrende?

Was bedeutet dies mit Blick auf die Kompetenzen von Hochschullehrenden? Zu den Kompetenzfelder, die ausgebaut werden müssen, gehören insbesondere (siehe auch z.B. Eichhorn et. al. 2017):

  • Medienpädagogische Kompetenzen: Lehrende müssen virtuell Lernziele definieren, Inhalte strukturieren und passende Lehrstrategien für Online-Lernen wählen.
  • Kompetenzen im technologischen und mediengestalterischen Bereich: Ein Verständnis für Lernplattformen und Tools ist entscheidend, um sie effektiv einzusetzen. Lehrende sollten ihre Aufgaben vermehrt in der Kuration bestehender Lernmaterialen sehen.
  • Kompetenzen im Monitoring von Lernprozessen:  Es gilt die Potentiale von Learning Analytics zu nutzen, um Studierende optimal zu unterstützen.
  • Evaluationskompetenzen: Lehrende müssen Lernerfolge digital evaluieren und bewerten können (Learning Analytics).

Schlussbetrachtung – Brauchen wir ein neues Selbstverständnis?

Die Bedarfe des Kompetenzaufbaus für Lehrende im Bereich hochschulpädagogischer und mediendidaktischer Kompetenzen sind weitgehend unstrittig. Zentral erscheint uns jedoch, dass als Grundlage für den dargestellten Kompetenzaufbau, auch ein Wandel im Selbstverständnis und Berufsbild von Dozierenden angestoßen werden muss (Aziz 2018). Das aktuelle Berufsbild des Hochschullehrenden fokussiert sich stark auf die tradierte Rolle des Hochschullehrenden als persönlich-Wissensvermittelnden. Stattdessen müssen Lehrende – gerade mit Blick auf die dargestellten Kompetenzdimensionen - sich zunehmend in der Rolle des Gestalters von Lernerfahrungen positionieren (Schwinger et. al 2022; Tremp 2020). Diesen Kulturwandel zu unterstützen, muss zentrale Aufgabe aller hochschuldidaktischen Bemühungen im Bereich der digitalen Lehre sein.   

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