Tag für Lehrende 2024 der FHStP

07.02.2024

🗣️ Lehr- und Prüfungsinstrument der Zukunft? Eine Analyse von E-Portfolio-Einführungen an der DHBW Karlsruhe.

#EPortfolio #Mahara #KünstlicheIntelligenz #Kompetenzen #Reflexion

 

Christina Schneider 

Diese wissenschaftliche Untersuchung beleuchtet die Implementierung und Praxiserfahrungen von E-Portfolios an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Karlsruhe. Die qualitative Studie bietet Einblicke in die gezielte Integration von E-Portfolios, unterstreicht die Herausforderungen der Umsetzung und hebt die entscheidende Rolle von didaktischen, organisatorischen und technologischen Gelingensbedingungen hervor.

Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung zeigt sich ein wachsender Bedarf an neuen Kompetenzen und Qualifikationen für Hochschulabsolvent*innen. Dieser Bedarf ergibt sich aus dem Ziel, aktiv an der Gesellschaft teilzuhaben und in der sich wandelnden Arbeitswelt erfolgreich zu agieren (Lermen, 2017). Dies stellt Hochschulen vor die Herausforderung, ihre Absolvent*innen gezielt auf die sich entwickelnden Anforderungen in der Lebens- und Berufswelt vorzubereiten. Die fortschreitende digitale Transformation beeinflusst dabei umfassende Umstrukturierungsprozesse in zentralen Lehr- und Lernkonzepten an Hochschulen (Gilch et al., 2019). Gleichzeitig wirft sie durch das zunehmende Aufkommen von Künstlicher Intelligenz (KI) Fragen nach der Aktualität und Eignung konventioneller Lehr- und Prüfungsformen auf. E-Portfolios sind in der Hochschullehre etabliert (Schaffert et al., 2007; Brahm & Seufert, 2007; Himpsl & Baumgartner, 2009), jedoch ist ihr Einsatz außerhalb der Lehrerbildung in hochschuldidaktischen Diskussionen wenig verbreitet. Mit der zunehmenden Verbreitung von KI-Tools eröffnen sich jedoch neue Perspektiven für E-Portfolios. Im Gegensatz zum Ergebnis, das durch KI-gestützte Tools immer leichter generiert werden kann, steht der Lernprozess im Mittelpunkt.

In diesem Zusammenhang werden E-Portfolios als vielseitige Alternative zu traditionellen Prüfungsformaten betrachtet. E-Portfolios dienen als digitale Sammelordner, in denen unterschiedliche Lernergebnisse und Lernprozesse abgebildet werden (Schaffert et al., 2007). Diese Lernergebnisse, auch Artefakte genannt, können in unterschiedlichen Formaten wie Präsentationen, schriftlichen Ausarbeitungen oder (audio-)visuell gestaltet werden und sind mit Feedbackmöglichkeiten durch Lehrpersonen, Mitstudierende und Reflexion verbunden. Besonderer Wert wird auf die reflexive Auseinandersetzung mit den eigenen Lernergebnissen und jenen der Peers gelegt. Durch die vielfältige und intensive thematische Auseinandersetzung ist es nicht nur möglich, Lernergebnisse zu präsentieren, sondern es wird auch der Prozess des Lernens selbst unterstützt. Damit leisten E-Portfolios einen entscheidenden Beitrag zur geforderten stärkeren Individualisierung von Lernprozessen und dem Kompetenzaufbau (Rachbauer, 2013; Schütz-Pitan et al., 2019).

Im Rahmen der Projektarbeit des Kompetenzzentrums für technologiebasierte Prüfungsformen (ECC8) an der DHBW Karlsruhe wurde Mahara als E-Portfolio-Tool ausgewählt, da es die Anforderungen, Reflexion über Artefakte und Feedback zwischen Lehrenden, Studierenden und Peers zu ermöglichen, erfüllt. Darüber hinaus zeichnet sich Mahara durch die flexiblen und kreativen Gestaltungsmöglichkeiten, die kollaborative Zusammenarbeit und die individuelle Steuerung von Berechtigungen aus. Innerhalb des Tools wird es Studierenden und Lehrenden ermöglicht, in geschlossenen Gruppen Materialien auszutauschen, Vorlagen zu erstellen und zu nutzen und gemeinsam Artefakte zu erstellen. In verschiedenen Studiengängen der Fakultät Technik sowie im Studienbereich Gesundheit wurden E-Portfolios auf der Plattform Mahara eingeführt. Die Einführung erfolgte mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Lehr-Lernzielen. Begleitet wurde das Pilotprojekt durch das Kompetenzzentrum für technologiebasierte Prüfungsformen der DHBW Karlsruhe. Durch die Durchführung und Auswertung qualitativer Interviews werden die Erfahrungen der verschiedenen Akteure wie Studierende, Lehrende, Studiengangsleitung und des Kompetenzzentrums erfasst.

Die theoretischen Überlegungen zum effektiven Einsatz von E-Portfolios im Hochschulkontext werden durch die praktischen Erfahrungen an der DHBW Karlsruhe bestätigt. Unter Berücksichtigung unterschiedlicher Schwerpunkte und Lehr-Lernziele, die auf eine gezielte Einbettung in das didaktische Setting hindeuten, erfolgte die Implementierung. In der wissenschaftlichen Literatur wird betont, dass ein geeignetes didaktisches Setting notwendig ist, um die Potenziale von E-Portfolios effektiv nutzen zu können (Schaffert et al., 2007). Die bewusste Ausrichtung von E-Portfolios auf die jeweilige Lehrveranstaltung und die darin verankerten Lehr-/Lernziele ist eine zentrale Komponente, um eine sinnvolle Integration von E-Portfolios zu gewährleisten. Die theoretisch skizzierten potentiellen Anpassungen, mit denen Lehrende konfrontiert sein können, werden durch Herausforderungen bei der Implementierung wie organisatorische Hürden und intensive Vorbereitungsphasen bestätigt. Es wird betont, dass E-Portfolios das Lehrkonzept unterstützen sollten. Sie sollten nicht als Selbstzweck betrachtet werden (Häcker & Winter, 2006). Denn der Einsatz von E-Portfolios kann für alle Beteiligten zunächst einen erhöhten Aufwand bedeuten (Schaffert et al., 2007).

Die Erwartungen und Anforderungen der Beteiligten sind unterschiedlich. Dies zeigen die vielfältigen Erfahrungen mit dem E-Portfolio-System Mahara. Die theoretischen Grundsätze spiegeln sich insbesondere in der Betonung der intuitiven Bedienbarkeit und der Integration in das didaktische Lehrkonzept wider. Gleichzeitig wird deutlich, dass es in der Praxis technische Herausforderungen gibt, wie z.B. die als störend empfundene Nutzung über VPN. Sowohl in der Theorie als auch in der Praxis wird die Bedeutung einer transparenten Kommunikation der Bewertungskriterien betont. Zentrale Aspekte, die in den Praxiserfahrungen hervorgehoben werden, sind klare Instruktionen seitens der Lehrenden und eine kritische Auseinandersetzung mit der Einstellung zum E-Portfolio-System. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Praxiserfahrungen an der DHBW Karlsruhe die Herausforderungen und Potenziale bei der Implementierung von E-Portfolios deutlich machen. Für einen erfolgreichen Einsatz sind die Einbettung in das didaktische Lehrkonzept, die Berücksichtigung didaktischer, organisatorischer und technologischer Gelingensbedingungen sowie die aktive Beteiligung und entsprechende Einstellung der Lehrenden und Studierenden von Bedeutung.

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